Die sogenannte „Störerhaftung“ bezeichnet unter anderem die Haftbarkeit von Internetanschlussinhabern, die selbst zwar keine Rechtsverstöße im Internet begangen haben, über deren WLAN aber einschlägige „Missetaten“ verübt wurden – von Freunden, Familienmitgliedern, Mitbewohnern oder auch völlig Fremden, die beispielsweise eine Tauschbörse genutzt haben. Am 2. Juni will der Bundestag Änderungen am deutschen Telemediengesetz beschließen, die die WLAN-Störerhaftung gründlich reformieren und somit quasi abschaffen. Wie die Seite netzpolitik.org berichtet, sorgt dieser Vorstoß aber nicht unbedingt für Schutz vor kostspieligen Abmahnungen.
Störerhaftung in Deutschland – der Status Quo
Wer im Urlaub die Niederlande besucht und ein Smartphone, ein Tablet oder ein Notebook dabei hat, dürfte sich schnell über die große Anzahl der frei verfügbaren WLAN-Hotspots wundern. Der Hintergrund: In den Niederlanden – und in einigen anderen EU-Ländern – gibt es kein Gesetz zur Störerhaftung, das mit der Rechtslage in Deutschland vergleichbar wäre. In der Bundesrepublik sucht man offene Funknetze dagegen meist vergebens, sieht man vom (meist begrenzten) Angebot in Flughäfen und den Filialen bekannter Schnellrestaurantketten ab. Bisherige deutsche Lösungen, wie sie die nichtkommerzielle Initiative „Freifunk“ anbietet, setzen meist auf ein VPN-Routing über Länder, in denen das Prinzip der Störerhaftung nicht existiert. Wird die Störerhaftung in Deutschland gekippt, sollte es für diese umständlichen (und Geschwindigkeit kostenden) Umwege eigentlich keinen Grund mehr geben – wären da nicht die gefürchteten Abmahnungen.
Providerprivileg für offene Hotspots?
Wer zukünftig freie WLAN-Hotspots anbietet, soll das sogenannte „Providerprivileg“ genießen, das die Verantwortlichkeit von Anbietern offener Funknetze für darüber übertragene Inhalte stark einschränkt. Allerdings erstreckt sich dieses Privileg derzeit nicht auf Unterlassungsansprüche, die die Grundlage für Abmahnungen bilden. WLAN-Anbieter könnten also nach wie vor rechtliche Probleme bekommen, wenn über ihren Anschluss Rechtsverstöße begangen werden. Der Grund für diese „Gesetzeslücke“: Unterlassungsansprüche gehören nach allgemeiner Ansicht zum Urheberrecht – und nicht zum Telemediengesetz. Damit werden sie durch die Neuregelung der Störerhaftung in der aktuell geplanten Form voraussichtlich nicht berührt. Die Oppositionsparteien haben dieses Problem erkannt und einen alternativen Vorschlag für die Gesetzesreform entwickelt, der Unterlassungsansprüche miteinbezieht, und über den ebenfalls am Donnerstag abgestimmt wird. Es bleibt spannend….
NETHINKS bleibt am Thema! Wir werden Sie voraussichtlich im nächsten Newsletter darüber informieren, wie es um die Zukunft freier WLAN-Hotspots in Deutschland bestellt ist.