Die DSL-Erweiterung „Vectoring“ bringt das Internet mit 100 Mbit/s ins Haus und setzt – genau wie die „herkömmliche“ DSL-Technik – auf Kupferleitungen. „Mit Vectoring wird alles gut“, so könnte man meinen. Die Nutzung des Vectoring-Verfahrens ist aber nur die halbe Wahrheit. Wir erläutern die Hintergründe und zeigen konzeptionelle Probleme und Flaschenhälse auf.
Wie funktioniert DSL?
DSL steht für Digital Subscriber Line; gemeint ist damit die letzte Strecke vom KVz (Kabelverzweiger) ins Haus. Auf dieser Strecke, die aus zwei Kupferadern besteht, werden mittels DSL-Modem und DSLAM im Kabelverzweiger Daten übertragen. Die maximal mögliche Bandbreite dieser Daten ist abhängig von der Länge der Strecke vom Kabelverweiger zum Büro oder zur Wohnung. (siehe Wikipedia:DSL). Während SDSL-Strecken mit einer Bandbreite von 2 Mbit/s (symmetrisch) bis zu fünf Kilometer vom Kabelverzweiger entfernt genutzt werden können und ADSL mit 16 Mbit/s immerhin noch bis zwei Kilometer Entfernung verfügbar ist, darf für einen VDSL Anschluss mit 50 Mbit/s die Entfernung zwischen Kabelverzweiger und Abnahmestelle nur noch bis zu einem Kilometer betragen.
Was bedeutet Vectoring für die Bandbreite von DSL?
Um möglichst viele Daten über die Kupferadern schicken zu können, werden diese mit hohen Frequenzen als elektrisches Signal übertragen. Kurz gesagt: Je höher die Übertragungsrate, desto höher die Frequenz. Eine hohe Frequenz bedeutet aber gleichzeitig, dass die Dämpfung und das sogenannte „Übersprechverhalten“ eine Rolle spielen. Einige Stichworte zur Dämpfung: Jede Leitung funktioniert als Widerstand; je länger die Leitung ist, desto größer wird dieser Widerstand, der die mögliche Bandbreite verringert. Auch das Übersprechverhalten hat Auswirkungen auf die DSL-Geschwindigkeit: Alle Leitungen gehen vom Kabelverzweiger als gemeinsames Bündel ab und verteilen sich erst in der Straße zwischen den einzelnen Häusern. Solange diese Kabel parallel laufen, kommt es zum Übersprechverhalten: Ein von Strom durchflossener Leiter baut ein Magnetfeld um sich herum auf, das wiederum Einfluss auf benachbarte Leitungen hat.
Vectoring vermindert das Übersprechverhalten dadurch, dass mit mathematischen Methoden die Signale so auf die Kabel gegeben werden, dass Übersprechverhalten nur noch eine geringe Rolle spielt. Um das aber tun zu können, müssen alle Signale durch ein Gerät (DSLAM) verarbeitet werden.
Provider müssen sich einigen
Bislang hatten mehrere Provider die Möglichkeit, eigene DSLAM an den Kabelverzweigern aufzubauen. Damit kann das Vectoring-Verfahren (Wikipedia:Vectroing) aber nicht funktionieren. Um einen Kabelverzweiger Vectoring-fähig zu machen, darf es nur einen einzigen DSLAM geben, der diese Funktion unterstützt. Die Regulierungsbehörde sieht für diesen Fall vor, dass der Eigentümer des DSLAM auch andere Anbieter über seinen DSLAM anbinden muss. Dafür wurde von der Regulierungsbehörde ein Entgelt festgelegt.
Hoher Nutzen für die Kunden
Kunden, die ihren Standort in unmittelbarer Nähe zu einem Kabelverzweiger haben, freuen sich über die neue, schnelle Art, ins Internet zu kommen. Bis zu 100 Mbit/s im Download und bis zu 40 Mbit/s im Upload können bei heutigen Verhältnissen als luxuriös angesehen werden. Nicht vergessen darf man aber – bei aller Freude über die neuen Bandbreiten – dass es sich um eine DSL-Technologie handelt, die für unternehmenskritische Anwendungen nur bedingt eingesetzt werden sollte.
Vectoring verhindert Innovation?
Um Vectoring flächendeckend nutzen zu können, muss in den Ausbau vieler Kabelverzweiger investiert werden; gleichzeitig gilt es nach wie vor, die Entfernung zu den einzelnen Abnahmestellen möglichst gering zu halten. Allein in Fulda wurden bereits knapp 400 Hauptverteiler für viel Geld mit neuer V-DSL-Technik ausgestattet – Geld, das auch in den Glasfaserausbau hätte investiert werden können. Auch wenn der Bandbreitenbedarf der meisten Kunden momentan gedeckt werden kann: DSL ist und bleibt eine „veraltete“ Technik, die an physikalische Grenzen stößt und deren Effizienz langfristig nicht mehr erhöht werden kann. Da zu erwarten ist, dass der Bandbreitenbedarf durch verschiedene Angebote wie 4K-TV und andere Medienangebote weiter steigen wird, wird auch „Vectoring“ bald von alternativen Technologien abgelöst werden.